Schulsport – Entwicklungen und Potenziale im Sportunterricht



Kinder passen im Schulsport auf

Der hohe Stellenwert von Schulsport für die positive Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wurde in den letzten Jahren immer mal wieder thematisiert. In der täglichen Praxis findet in vielen Schulen jedoch leider immer noch qualitativ unzureichender oder schlichtweg zu wenig Schulsport statt. Kinder und Jugendliche verbringen heutzutage in der Schule sehr viel Zeit im Sitzen. Das Lehren von theoretischem Wissen verdrängt zu häufig die Möglichkeiten durch Sport und Bewegung.

Ein wichtiger Ausgleich im Schulalltag sollte der Schulsport sein. Trotz zahlreicher Warnungen aus der Wissenschaft wurde dieser in der Vergangenheit immer weiter reduziert1. In den letzten Jahren fand, ausgelöst durch das unbefriedigende Abschneiden bei den Pisastudien, eine ausführliche Reformdiskussion in der Schulpolitik statt. Das Fach Sport spielte in dieser Diskussion leider nur eine untergeordnete Rolle2. Wie wichtig jedoch qualitativ guter und regelmäßiger Sportunterricht ist, lässt sich unter anderem anhand der Aussage einer Schülerin aus der 4. Klasse im Rahmen der Sprint-Studie3 des DOSB veranschaulichen: „Ohne Sport ist man nicht gut in der Schule.“ Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass die Konzentrationsfähigkeit durch Sport steigt. Daher ist es nicht verständlich den Schulsport zu kürzen.

Kritik am Schulsport

Die Sprint-Studie stellte zudem gravierende Mängel und Problemzonen im Schulsport fest. So wird die im Lehrplan festgelegte Empfehlung von mindestens drei Wochenstunden Schulsport nicht durchgehend realisiert und die Ausfallquoten sind enorm hoch. Jede vierte Unterrichtsstunde Sport fällt aus! Bundesweit werden zudem 50% des Sportunterrichts von Lehrern ohne Sportausbildung unterrichtet. Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind weitestgehend unbekannt und werden nur halbherzig umgesetzt. Hinzu kommen räumliche Probleme (mangelnde Möglichkeiten, zu wenig Platz durch Abtrennung in Mehrfachhallen) und die oftmals unzumutbare Größe der zu unterrichtenden Gruppen. Zusätzlich sind die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch mit potenziellen Partnern des Schulsports noch wenig entwickelt. Hier wäre beispielsweise eine engere Kooperation mit lokalen Sportvereinen eine für alle Parteien gewinnbringende Möglichkeit. Ein weiteres Problemfeld bildet der Schwimmunterricht. Fast jeder vierten Schule in Deutschland steht weder ein Schwimmer- noch ein Lehrschwimmbecken zur Verfügung. So besteht die Möglichkeit, dass ein Schüler kein einziges Mal in seinem Schulleben Schwimmunterricht erhält.

Die mangelhafte Umsetzung von Schulsport in der Praxis geht teilweise so weit, dass sich bei Jugendlichen negative Erfahrungen im Sportunterricht zu einem persönlicher Hinderungsgrund für die Ausübung von sportlicher Aktivität entwickelt4.

Schulsport in der Halle Schulsport Turnen Schulunterricht Parcours

Positive Auswirkungen im Sportunterricht

Der Sportunterricht bietet viele Potenziale und sollte einen wichtigen Stellenwert im Schulleben einnehmen. Dort können u.a. Stress und Aggressionen abgebaut werden. Zusätzlich gilt es heute als gesichert, dass sportliche Aktivität sich positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirkt 5. Schon im Jahre 2000 wurden in dem Modellversuch „Tägliche Sportstunde“ 6 von Klaus Bös und Frank Obst Auswirkungen von einer täglichen Sportstunde bei Grundschülern untersucht. Der Sportunterricht wurde über vier Jahre hinweg von drei auf fünf Stunden die Woche erhöht (je 1 Std. Sportunterricht pro Tag). Die Ergebnisse sprechen dabei für sich: Innerhalb der vier Jahre nahm die Fitness der Schüler um 14% zu (im Vgl. zur Kontrollgruppe mit einer Zunahme von 8%). Es wurden weniger als die Hälfte an aggressiven Übergriffen beobachtet als an der Kontrollschule. Lehrer und Schüler empfanden das Schulklima entspannter und positiver und die Schüler hatten mehr Lust in die Schule zu gehen als die Schüler der Kontrollgruppe.

Zukunftsperspektiven des Schulsports

Investitionen in die Sportstätten sind ebenso notwendig wie die Sicherstellung des vorgegebenen Umfangs des zu erteilenden Sportunterrichts. Die Quote der fachfremd erteilten Stunden muss reduziert werden und die kontinuierliche Einstellung von qualifizierten, jungen Lehrkräften ist unerlässlich. Forscher warnen aber bereits, dass der Schulsport im allgemeinen Reformstress auf der Strecke bleibt. Beispielsweise ist in vielen Schulen der Schulsport mitlerweile bereits von drei auf zwei Unterrichtsstunden gekürzt. Der Schulsport kann jedoch einerseits einen sinnvollen Beitrag für ein positives Schulklima schaffen sowie andererseits Gesundheit, Fitness und das Interesse an Sport und Bewegung fördern. Sportunterricht sollte ein grundlegender Bestandteil des Schullebens sein. Das vermehrte freiwillige Sport- und Bewegungsangebot, dass durch den Ausbau hin zu immer mehr Ganztagesschulen zu Stande kommt, ist immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung. Insbesondere die Sportvereine könnten hier zukünftig eine wichtige Rolle einnehmen und in Zusammenarbeit mit den Schulen freiwillige Sportangebote schaffen.

Wir würden uns wünschen, dass sich die (Schul-)Politik der Wichtigkeit des Schulsports noch stärker bewusst wird und anfängt auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung entsprechend zu reagieren.

Mit unserem Move-It Projekt bieten wir Klassenfahrten für Schulen an, die einen besonderes Schwerpunkt auf die Themen Sport, Ernährung und Gesundheit setzen wollen ohne dass der Spaß dabei zu kurz kommt.

Literatur:
1WHO – Europäische Ministerkonferenz zur Bekämpfung der Adipositas (2006). Istanbul.
2GRUPE, O./ KOFINK, H./ KRÜGER, W: Gegen die Verkürzung von Bildung und Bildungsstandards im Schulsport. In Sportwissenschaft Vol. 34, S. 484-495, 2005.
3DEUTSCHE OLYMPISCHE SPORTBUND (DOSB): DOSB Sprint-Studie – Sportunterricht in Deutschland; Eine Untersuchung zur Situation des Schulsports in Deutschland, Aachen 2006.
4GEIDEL, C.: Konzeptentwicklung zum „Rezept“ für Bewegung – Aufbau regionaler Netzwerke Gesundheit und Bewegung in Thüringen (Diplomarbeit Hochschule Magdeburg – Stendal), Magdeburg 2008, S. 58-60.
5Vgl. BUSCHMANN, J./ BELLINGHAUSEN, M./ BUSCHMANN, C.: „Klasse in Sport“ – Interventionsprogramm zur Gesundheits- und Bildungsförderung, Köln 2009, S.31.
6BÖS, K., OBST F. (2000). Tägliche Sportstunde – Bericht eines Modellversuchs. In LAGING, R./ SCHILLACK, G. (Hrsg.): Die Schule in Bewegung. Hohengehren 2000, S. 117-125.